Wissen

Lebensmittelverluste – wohin der vermeidliche Überfluss führt

Nach Schätzungen werden nicht nur in der Schweiz ein Drittel aller Lebensmittel weggeworfen, während in unterentwickelten Länder Menschen vor Hunger sterben – jeden Tag!

Grafik: Migros-Nachhaltigkeitsmagazin 2013
Grafik: Migros-Nachhaltigkeitsmagazin 2013

Die Verschwendung von Lebensmittel hat durch das Überangebot und die Sorglosigkeit ein Ausmass erreicht, das so nicht mehr ignoriert und toleriert werden darf. Jährlich landen alleine 2 Millionen Tonnen Lebensmitte im Müll. Der Grund: etwa 30% aller in der Schweiz produzierten Lebensmittel gehen vom Erzeuger bis zum Endverbraucher „verloren“. Das heisst wir werfen sie weg, weil sie nicht mehr schön sind oder sie verderben bevor sie konsumiert werden können, weil wir schlicht einfach zu viel eingekauft haben. Die Augen waren beim grossen, verlockenden Angebot im Supermarkt wieder einmal grösser als der Magen.

Natürlich gibt es immer einen Verlust zu beklagen, aber die jetzt bekannten Dimensionen dürfen nicht hingenommen werden, denn die hohen Lebensmittelverluste haben direkte und weitreichende Auswirkungen auf Mensch und Natur. Die Produktion von Lebensmitteln verursacht etwa 30% aller Umweltbelastungen. Ganz abgesehen von der moralischen Seite - werden Lebensmittel in den Abfall geworfen, sind damit kostbare Ressourcen wie Wasser, Bodenfruchtbarkeit und fossile Energieträger unnötig vertan und verbraucht. Die Produktion und Entsorgung der weggeworfenen Lebensmittel verursachen Kosten in Milliardenhöhe. Diese Verluste erhöhen die Nachfrage und führen zu einer Verknappung des weltweiten Nahrungsmittelsangebot. Können wir es uns leisten einen so grossen ökologischen Fussabdruck zu hinterlassen, ohne an die Folgen zu denken?

Lebensmittelverschwendung - Tatsachen, die uns offensichtlich nicht bewusst sind:

  • beim Transport gehen bis zu 20 Prozent der Lebensmittel verloren oder verderben. Supermärkte schicken ganze LKW Ladungen zurück, weil nur in einer Schale eine angefaulte Erdbeere gefunden wird. Die ganze Ware ist danach nicht mehr zu verkaufen.
  • Durch schlechte Lagerung, überlange Transportwege oder Achtlosigkeit verderben tausende Tonnen Nahrung jedes Jahr.
  • Bauern lassen bis zu 20 Prozent der Ernte wegen Überproduktion oder aufgrund von „Schönheitsfehlern“, die die Ware unverkäuflich machen, auf den Feldern liegen. Supermärkte und Verbraucher wollen perfekte Ware.
  • Alle Glieder der Kette vom Produzent bis zum Verkäufer verdienen Geld, indem sie Verlust erzeugen. Die aussortierten Waren werden auf den Preis der perfekten Lebensmittel aufgeschlagen.
  • Die Abschreibung weggeworfener, oft noch haltbarer oder geniessbarer Lebensmittel aller deutschen Märkte zusammen genommen übersteigt bereits die Milliardengrenze.

Detaillierte und teilweise erschreckende Zahlen können hier nachgelesen werden:
Lebensmittelverluste in der Schweiz, der Report des WWF zum download.

Die Erde hat genügend Flächen, um alle Menschen ausreichend zu ernähren. Dazu müssen die vorhandenen Flächen effizienter genutzt werden. Das heisst nicht sie intensiver zu nutzen durch z.B. künstliche Dünung, Waldrhodung oder übermässiger Verschleiss von Grund- und Trinkwasser, sondern den Nutzen der Flächen an die Verhältnisse und Ressourcen vor Ort anzupassen. Eine geringere Fleischproduktion setzt wertvolle Ressourcen und Kalorien frei. Gleichzeitig werden die möglichen Anbauflächen vergrössert, da weniger Weideland benötigt wird. Weltweit gehen jedes Jahr 300'000 km2 landwirtschaftliche Fläche durch Klimaveränderung, Übernutzung, Verödung, Verwüstung, Überbauung, etc. verloren.

Was können wir tun?

  • Nur Lebensmittel kaufen, von denen wir sicher sind, dass wir sie zubereiten und verbrauchen können, bevor sie schlecht werden. Sonst besteht die Gefahr, dass überalterte oder abgelaufene Nahrungsmittel in den Müll wandern.
  • Nicht mit knurrendem Magen einkaufen gehen. Vor vollen Regalen erliegt man leichter der Versuchung.
  • Mass halten! Nur die Menge einkaufen, die auch wirklich benötigt wird, auch wenn das Angebot verlockend ist. Vorratshaltung nur mit haltbaren Lebensmitteln betreiben.
  • Nach Liste und Einkaufszettel einkaufen. Lust und Laune belastet das Budget und sorgt für unnötigen Food Waste.
  • Das Mindesthaltbarkeitsdatum sagt nur aus, dass das Lebensmittel bis zu diesem Datum garantiert haltbar ist. Trotzdem können diese Lebensmittel über Wochen, Monate oder sogar Jahre hinaus ohne Bedenken verzehrt werden. Gesunder Menschenverstand und eine sensorische Prüfung kann helfen.
  • Das Verbrauchsdatum bei gekühlten Frischprodukten muss etwas sensibler gehandhabt werden. Aber auch Milch- oder Hartkäseprodukte können länger haltbar sein als angegeben. Nur bei Hackfleisch, Fisch und Meeresfrüchten sollten keine Kompromisse eingegangen werden!
  • Lebensmittel nach saisonalen und lokalen Gegebenheiten auswählen. Dies spart unnötige Transportwege, Lagerkapazität und wertvolle Ressourcen.
  • Auch zu kleine oder nicht nach der Norm gewachsene Lebensmittel sind köstlich. 
  • Unser Konsumverhalten überdenken: Muss es Fleisch sein und wie oft? Für 1 Kalorie Fleisch verfüttert der Bauer 7 Kalorien an Weizen, Soja & Co. Sind frische Erdbeeren im Winter und exotische Früchte für eine ausgewogene Ernährung wichtig?
  • Die richtige Lagerung: Welches Lebensmittel benötigt welchen Temperaturbereich im Kühlschrank? Infografik und mehr unter foodwaste.ch. Nicht alles kunterbunt mischen! z.B. Tomaten oder Äpfel scheiden ein Gas aus, das andere Früchte und Gemüse schneller reifen lässt.
  • Sind sogenannte Biotreibstoffe wirklich so gut, wie man uns glauben machen will? Die Lebensmittelpreise explodieren und es trifft immer die, die sowieso schon wenig oder nichts haben. Ein Fünftel des weltweit erzeugten Getreides verschwindet umgewandelt in Fahrzeugtanks oder wird zu Grundstoffen für die chemische Industrie. Nahrungsmittel haben nichts im Tank zu suchen.
  • Wenn es schon tropische Früchte oder Genussmittel sein müssen, dann auf eine Ressourcen schonende, nachhaltige und biologische Produktion achten. Güter aus fairem Handel bevorzugen.

Weiterführende Informationen unter:
www.biovision.ch
www.its-my-part.ch

Quellen/PDF

Bildquelle: : www.bmelv.de / Walkscreen,
Infografik Kühlschrank: foodwaste.ch