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Eine Stadt zum Essen

Was sich zuerst wie die XXL-Version des Knusperhäuschens liest, ist die gelungene Umsetzung einer Idee: Andernach - Eine Stadt geht neue Wege. Gemüse statt Blumen, Buschbohnen statt getrimmter Sträucher. Betreten und Pflücken ausdrücklich erlaubt.

Urban Farming box

Die Begriffe „urban farming“ oder „urban gardening“ sind nicht neu. Aufgelassene Grundstücke und Industriebrachen werden ebenso genutzt wie Dachterrassen und Balkone. Aber es gibt ganz neue und nachahmenswerte Wege. Seit 2010 heisst es in Andernach am Rhein nicht „Betreten verboten“, sondern Pflücken erlaubt. Denn öffentliche Grünanlagen sind für alle und jeden da. Das Konzept wurde von der Stadt mit der Gartenbauingenieurin Heike Boomgaarden entwickelt und hat sich durchgesetzt.

In jeder Gemeinde gibt es Grünflächen, Rasen, Blumen, Sträucher und Büsche. Diese Grünflächen sind unterhaltsintensiv und dürfen oft nur eingeschränkt betreten oder genutzt werden. Blumen pflücken verboten, denn die sind nur zum Anschauen. Eine Alternative könnte Schule machen: Die essbare Stadt.

In Andernach wachsen Kürbisse und Tomaten, Küchenkräuter und Schnittpflanzen, Spinat und Mangold, Bohnen, Kartoffeln, Weintrauben, Obst und viel andere Gemüsesorten an der Stadtmauer und in öffentlichen Anlagen. Obst und Gemüse darf jeder ernten, sollte was übrig bleiben, wird es günstig verkauft.

Jeder Bürger ist aufgerufen mitzuhelfen, ein Angebot das auch gerne angenommen wird. Arbeitslose pflegen zusammen mit der Stadtgärtnerei die Anlagen und Gemüsebeete und verdienen sich so etwas dazu. Ein weitere Nebeneffekte: Was allen gemeinsam zur Nutzung überlassen ist, erfährt mehr Aufmerksamkeit und freiwillige Pflege, aber weniger Vandalismus und herumliegenden Müll.

Die Nutzpflanzen dienen allen, Menschen, Vögeln und Insekten. Sie bereichern den Lebensraum positiv. Viele der Nutzpflanzen bezaubern durch ihre Schönheit, ihre Blüten und überzeugen schlussendlich durch ihren Geschmack. So wurde ein neuer Aktionsraum für die Bürger geschaffen, die sich treffen, gemeinsam arbeiten oder auch nur ernten. Die urbane Biodiversität wird gefördert und erhöht, die teuren Blumenwechselbeete, die mehrmals im Jahr neu bepflanzt werden müssen, weichen pflegeleichten Staudenbeeten mit klaren ökologischen und ökonomischen Vorteilen. Mit der Umstellung von Tulpen und Stiefmütterchen auf Stauden und Gemüse sind die Unterhaltskosten pro Quadratmeter und Jahr von 60 Euro auf etwa 12 Euro gesunken.

Vorteile auf einen Blick:

  • Förderung der Kulturpflanzenvielfalt
  • Schaffung neuer Lebensräume
  • Erhöhung der Biodiversität
  • Gestaltung und Aufwertung multifunktionaler Grünflächen
  • Erhöhung der Bürgerbeteiligung bei der aktiven Stadtgestaltung
  • Weniger Vandalismus und Müll
  • Ökonomische Vorteile: die Kosten der öffentlichen Hand sinken
  • Der Lauf der Jahreszeiten wird wieder erlebbar
  • Positives Stadtmarketing
Quellen/PDF

Quellen: Stadt Andernach
Bilder: www.andernach.de; www.ansbachplus.de