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MINERGIE - Blick in die Zukunft

Erfreulich: Die Zahl der MINERGIE-Bauten steigt. Der Wermutstropfen: Die ersten Bewohner beklagen sich. Streitpunkt ist oft die Lüftung, zu trockene und zu warme Luft und dadurch mangelnder Wohnkomfort. Lösungen müssen her.

Es ist unbestritten, dass der MINERGIE-Standard ein Schritt in die richtige Richtung ist. Um Energie zu sparen, wird das grösste Einsparpotential angezapft - der Verbrauch von Energie für Heizung und Warmwasser. Diese Einsparung lässt sich nur dann realisieren, wenn nicht nur die Transmissions- sondern auch die Lüftungswärmeverluste minimiert werden.

Die zwingend vorgeschrieben Komfortlüftung in MINERGIE Gebäuden macht aber hier und dort Probleme. Sehr oft sind es nur regeltechnische Schwierigkeiten, manchmal aber auch bauliche Probleme. Eine bessere Planung und Überwachung der Ausführung kann hier schnell Abhilfe schaffen.

Für die Zukunft sollte man mehr darüber nachdenken, was das MINERGIE-Eco Label dazu beitragen kann. Aller bauphysikalischen Kontroversen zum Trotz:

Eine dichte, hochwärmedämmende Gebäudehülle herstellen heisst nicht, dass diese gleichzeitig dampfdicht sein muss. Nicht nur eine gute Wärmedämmung; sondern auch eine gute Wärmespeicherung ist anzustreben. Eine Aussenwanddämmung sollte nicht nur gut dämmen, sondern auch Strahlungswärme von Licht und Sonne aufnehmen können. Das verringert den Transmissionswärmefluss entscheidend.

Von der baubiologischen Seite her betrachtet ist also MINERGIE-Eco ein wichtiger Schritt. Verwendet man natürliche Materialien, die in der Lage sind anfallende Feuchtigkeit nach draussen zu transportieren, oder diese zu puffern und wieder an die Raumluft abzugeben, dann ist viel gewonnen und technisch aufwendige Lüftungsanlagen mit ihren durchaus vorhandenen Nachteilen können etwas mehr in den Hintergrund rücken. Es ist also an der Zeit, Vorurteile und Halbwahrheiten über Bord zu werfen und die hoch gesteckten Energiesparziele von allen Seiten her anzugehen, ohne den Wohnkomfort dabei auf der Strecke zu lassen. Denn die schönsten Berechnungen zu Verbrauchswerten nützen nichts, wenn dabei der Bewohner und das Nutzerverhalten ausser Acht gelassen werden.

Quellen/PDF

Quelle: NZZ am Sonntag, 12/2010