Wissen

Botschafter der Kachelöfen

Das Kulturgut der Kachelofen verschwindet immer mehr, deshalb hat Mischa Casanova ein Kachelofenarchiv im Kanton St. Gallen ins Leben gerufen. Eine Stiftung ist ebenso in Planung.

In der Scheune neben dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina in Wil stehen Kisten voll mit Kacheln. Etwa 100 Kachelöfen, die säuberlich in ihre Einzelteile zerlegt sind, lagert hier Mischa Casanova. Die Kachelöfen sind in allen Farben, Formen und mit unterschiedlichen Ornamenten verziert und aus allen möglichen Epochen, wie Jugendstil, Klassizismus und Biedermeier.

Organisierte Lagerung

Wenn ein Kachelofen entsorgt wird, geht gleichzeitig ein Kulturgut verloren. Kachelofen sind mehr als ein hübsches Accessoire für die Wohnstube. Was innen und rundherum geschieht, ist genauso wichtig. Beispielsweise das Feuer als wärmespenden Mittelpunkt eines Hauses oder auch das mühsame Herbeischleppen von Holz. Der Kachelofen ist nah bei Menschen, da dessen Funktionalität und Bedienung von ihnen abhängt. Ziel des Kachelofenarchives ist diese zu bewahren und dass es für die Allgemeinheit zugänglich und erschwinglich ist. In der Scheune lagern Öfen, die von ihrem ursprünglichen Standort wegen eines Umbaus oder dem Abriss eines Hauses weichen mussten. Das Archiv ist zudem meistens für die mittelständischen Öfen, da den prunkvollen Kachelöfen heute in der Regel Sorge getragen wird. Ins Archiv kommen sie, nachdem sie sorgfältig abgebaut sind und jede Kachel durchnummeriert ist. Die Hülle besteht dabei aus rund 100 bis 120 Teilen. Für jedes Objekt wird eine detaillierte Dokumentation mit Bildern angelegt, damit der Ofen wieder am bisherigen oder neuen Ort eingebaut werden kann.

Stiftung und Bildung

Das Archiv soll in eine Stiftung überführt werden, welche für den Schutz und den Erhalt des Kulturguts Kachelofen sorgt sowie für die Weiterbildung junger Hafnerinnen und Hafner. Sie sollen wieder den Umgang mit traditionellen Arbeitsabläufen und Materialien lernen, da momentan Hafner immer mehr zu Monteuren von industriell vorgefertigten Öfen degradiert werden. Doch die langsam gewachsene Werte vergangener Entwicklung zu pflegen, um sie in den Alltag zu führen, ist ebenso eine moderne und notwendige Aufgabe. In der ganzen Schweiz gibt es derzeit lediglich 30 Hafner-Lehrlinge, während in den 1980er-Jahren doppelt so viele waren.

Nicht nur seinen Praktikanten und Lehrlingen bringt Mischa Casanova das traditionelle Hafnerhandwerk bei, sondern auch den Bauherren. Er nimmt sie zum Schulungsgang mit auf die Baustelle und gibt für den Erhalt dieses Kulturguts alles Wissen weiter. Denn der Schutz dieses Handwerks ist nicht das Verbergen, sondern die Offenbarung. Bei vielen Bauherren ist das Interesse da, einen solchen Zeitzeugen zu erhalten. Die Stiftung soll deshalb auch die Funktion einer Anlaufstelle übernehmen, wo sich Bauherren oder auch Bauverwalter von Gemeinden und Städten in solchen Fällen informieren können.

Quellen/PDF

Ostschweiz am Sonntag vom 06.11.2016

Bilderquelle: Andrea Stalder (Ostschweiz am Sonntag)