Wissen

Naturgärten

Natürliche Bilder in unsere Siedlungsräume zu transferieren, hat sich die letzten Jahrzehnte etabliert. Ob diese Bilder auch ökologisch wertvoll sind, bleibt meistens fraglich. Die Naturgartenidee zeigt Lösungen auf.

Die Artenvielfalt mit ihrer reichhaltigen Flora und Fauna in Mitteleuropa ist das Resultat einer kleinstrukturierten Kulturlandschaft (Forst, Siedlung, Energiegewinnung und Verkehr sind ebenfalls Faktoren), die sich über Jahrhunderte kontinuierlich entwickelt hat. Die intensivierte Landnutzung in der Landwirtschaft, aber auch die kontinuierliche Einrichtung neuer Infrastrukturen führen zu einer rasanten Abnahme von Lebesräumen für Fauna und Flora.

Eine Änderung ist auf absehbare Zeit nicht in Sicht. Für einige dieser gefährdeten Lebensraumtypen hat der Siedlungsraum hervorragende Potentiale als Ersatzlebensraum, als Verbindungskorridor verinselter Lebensräume oder als Trittsteinbiotop. Das bestehende Siedlungsgrün hat jedoch mit Natur wenig zu tun, zumindest nicht mit dem Naturverständnis eines vielfältig belebbaren Raumes als Lebensgrundlage sowohl für Biotope als auch für den Menschen.

Garten mit Terrasse
Bild: www.biotopa.ch

Die Naturgartenbewegung

Die Antwort auf diese radikale Zerstörung der ehemaligen Siedlungsnatur war die Entstehung der Naturgartenbewegung vor rund dreissig Jahren. Was einst in einer akribischen Pionierarbeit mit beachtlichem Aufwand für Überzeugungsarbeit begann, findet heute breite Anerkennung. Es gibt ein grosses Kursangebot zum Thema, und eine ganze Menge Fachliteratur. Ganz so einfach diese Idee umzusetzen ist es allerdings nicht. Naturnahe Umgebungen sind nie fertig (im Gegensatz zum Gebäude), sondern entwickeln und verändern sich stetig. Ein Prozess, der mit einer sanften Pflege gesteuert werden muss. Die natürliche Entwicklung (Sukzession) von jedem Standort geht in unseren Regionen immer in Richtung Wald. Besonders die dynamischen Lebensräume (Auen) und viele Kulturflächen (Magerwiesen) sind in der Landschaft rar geworden und daher sowohl als ökologischer Lebensraum als auch als attraktiver Begegnungs- und Erholungsraum interessant. Die Erhaltung dieser Typen erfordert einen spezifischen, aber nicht riesigen Pflegeaufwand.

Für die Planung, Bau und Pflege der Anlagen braucht es deshalb gute sowie arten- und pflanzensoziologische Kenntnisse. Diese sind über ausgewiesene Zusatzausbildungen erwerbbar.

Eine Handvoll, auf Wildpflanzen spezialisierte, Vermehrungsbetriebe bieten mittlerweile ca. 400 heimische Wildpflanzen zum Kauf an. Eigentlich ja eine völlig schizophrene Situation, denn von Natur aus würden die meisten Arten bei entsprechender Pflege der Grünflächen von selbst aufkommen. Manche Arten sind in der Verbreitung bereits auf unsere Hilfe angewiesen, wissenschaftliche Arbeiten haben gezeigt, dass die Verbreitungsdistanz von Wildblumen im Durchschnitt pro Jahr nur etwa 50 cm beträgt. Die Idee des Naturgartens muss nun im breiten Stil umgesetzt werden. Es gibt einige Gemeinden die auf diesem Gebiet vorbildliche Pionierarbeit leisten. Zumindest für die Kulturfolger-Arten könnten in bewusst naturnah angelegten und gepflegten Grünflächen wertvolle Lebensräume wiederhergestellt werden. Bei Neuanlagen und der Pflege sollte dies bewusst berücksichtigt werden. Die gesetzlichen Grundlagen dazu sind vorhanden.

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Ökologische Zusammenhänge

Pflanzen sind Teil eines hochkomplexen ökologischen Systems. Sie leben in Pflanzengesellschaften. Diese komplexen, in wechselwirkung stehenden Zusammenhänge sind uns noch viel zu wenig bewusst.

Schmetterlinge benötigen je nach Art bestimmte Wildpflanzen. Mit dem Verschwinden dieser Pflanzen verschwinden auch die Schmetterlinge und damit bestimmte Vogelarten, die sich auf die Raupen der Schmetterlinge spezialisiert haben. Eine heimische Pflanze ist oft mit Dutzenden von Tierarten auf irgendeine Weise verbunden. Darunter hat es oft mehrere Spezialisten, die auf Gedeih und Verderb ausgerechnet auf diese Pflanzenart angewiesen sind.

Der Wert unserer heimischen Wildpflanzen als Heil- und Nahrungspflanzen wird noch völlig verkannt. Schon die nächste Generation wird aber wieder darauf angewiesen sein. Auch eine zukunftsfähige und nachhaltige Gesellschaft ist auf das Funktionieren der Ökosysteme, auf die Wildpflanzen und die damit verbundenen Insekten etc. angewiesen (z.B. die ca. 400 verschiedenen, bei uns lebenden, hoch spezialisierten Wildbienenarten). Kein Platz ist zu klein. Es ist immer wieder erstaunlich, wie regenerationsfähig die Natur ist, wie schnell sich z.B. Schmetterlinge (wenigstens die Arten der Kulturfolger) wieder einstellen, wenn wir die entsprechenden Nektar- und Wirtspflanzen und deren Pflanzengesellschaften wieder wachsen lassen. Der kleinste Platz eignet sich dazu, natürliche Dynamik wieder zuzulassen oder ein paar Wildpflanzen wieder anzusiedeln. Diese wiederum werden sich weiter verbreiten und vermehren können. Kleintiere wie Insekten, welche teilweise auf der roten Liste stehen findet, man auch auf entsprechend gestalteten Verkehrsinseln. Auch mitten in einer Großstadt.

Mögliche Lösungen

Eine gute Lösung bietet die Webseite von Floretia  an. Dies ist ein Verein der ins Leben gerufen wurde um es allen Menschen, ungeachtet ihres Vorwissens und ihres Budgets, möglich macht eine naturnahe Fläche zu schaffen. Auf dieser Webseite kann jede Person Informationen zu Einheimischen Pflanzen abfragen und ausfindig machen welche Pflanzen für den jeweiligen Standort und Nutzen geeignet sind. Der Verein fördert die Verbreitung von Einheimischen und Regionalen Pflanzen, welche auch den Einheimischen Insekten und Kleintieren als Nahrungsquelle dienen. Floretia bietet mit einem Zertifikat dem Konsumenten ein einfaches Werkzeug sicherzustellen das die ausgesuchten Pflanzen oder Samen Einheimisch sind und ohne Einsatz von Pestiziden gezüchtet wurden und somit unschädlich für die Umwelt sind.

Quellen/PDF

Quelle: M. Scheiwiller, Niederglatt; Floretia